Von Ego nach Eco: poli­tische Parteien für Tier­rechte orga­nisieren erfolgreiche Welt­kon­ferenz


12 September 2019

„Wir brauchen eine systemweite Änderung. Anstatt sich auf das Wirtschaftswachstum zu konzentrieren, sollten unsere wirtschaftlichen, sozialen und politischen Systeme dem Wohlergehen der Gemeinden, Tiere und Ökosysteme dienen“. Das ist eines der Ergebnisse der erfolgreichen Weltkonferenz „Öko-Krise: Gezeitenwechsel“ welche am vergangenen Wochenende in Porto, Portugal stattfand. Vertreter aus 28 verschiedenen Ländern wurden von der niederländischen und portugiesischen Partei für Tierrechte vereint, um gemeinsam Lösungen für die ökologische Krise, in der sich die Welt befindet, zu diskutieren. Sie nutzten die Gelegenheit, um vor dem brasilianischen Konsulat gegen die katastrophale Handelsabkommen zwischen den Mercosur-Ländern und der Europäischen Union zu protestieren und wurden dabei von den Mitgliedern des Europäischen Parlaments Anja Hazekamp (Partei für die Tiere) und Francisco Guerreiro (PAN: Menschen-Tiere-Natur) unterstützt.

Teilnehmer der Weltkonferenz Eco-Krisis: Turning the Tide.

Mai 2019 wurde ein Bericht der Vereinten Nationen Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) veröffentlicht. Eine Schlussfolgerung ist , dass die derzeitigen weltweiten Bemühungen unzureichend sind, um den beispiellosen Rückgang der Natur und das Aussterben von Arten aufzuhalten. Radikale und grundlegend gesellschaftliche Veränderungen sind erforderlich, um den Verlust an biologischer Vielfalt Einhalt zu gebieten und die Natur wieder herzustellen.

Aus diesem Grund kamen am vergangenen Wochenende Vertreter von 16 politischen Parteien für Tierrechte und 33 ökologisch orientierte Organisationen und Fachleute aus 28 Ländern zusammen, um die weitere Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Öko-Krise zu diskutieren. Das Konferenzprogramm war voll von Vorträgen und Workshops von Wissenschaftlern und Experten.

Nachhaltigkeit als Norm und nicht die Ausnahme

Ingrid Visseren, Hauptprecherin auf der Konferenz und Co-Autor des IPBES-Berichts erklärte, dass die Viehwirtschaft, Abholzung, Fischerei und Jagd einige der Hauptursachen für die ökologische Krise sind. Aufgrund dieser Krise ist unsere Lebensmittelsicherheit und Lebensqualität gefährdet. Visseren plädierte für einen stärker integrierten Ansatz zwischen Tierschutz und Umweltpolitik. Sie wies auf die wichtige Tatsache, dass in dem aktuellen IPBES-Bericht Tierschutz zum ersten Mal erwähnt wird und ein tierrechtlicher Ansatz verwendet wird.

„Wir müssen mit einem intelligenten Politik-Mix arbeiten. Das Ablösen aus einer nicht nachhaltigen Wirtschaft und hin zur Nachhaltigkeit. Hilfe für Landwirte den Übergang zu einer nachhaltigeren, mehr auf pflanzlicher Basis basierten Landwirtschaft zu erleichtern und dem Verbraucher echte Alternativen bieten. Nachhaltigkeit sollte die Norm und nicht die Ausnahme sein“, erklärte Visseren.

Ingrid Visseren auf der Weltkonferenz in Porto.

Die Konferenzgäste teilten verschiedene Probleme und bewährte Verfahren aus ihren Ländern. So teilte zum Beispiel die spanische Partei für Tierrechte PACMA mit, wie sie in Spanien erfolgreich gegen die Jagd kämpfte, indem sie das spanische Rechtssystem anwendete, und ukrainische Organisationen erklärten, wie sie gegen die Gefangenschaft von Wildtieren und die Verschmutzung durch große Viehzuchtbetriebe kämpften. Mohamed Benata, einer der ersten Umweltaktivisten in Marokko, berichtete über seine Forschungen zur biologischen Vielfalt in seinem Land.

28 Länder protestieren vor dem brasilianischen Konsulat

Konferenzteilnehmer aus 28 Ländern fordern vor dem brasilianischen Konsulat einen besseren Schutz unserer Natur.

Was passiert wenn man Aktivisten und Politiker, die eine positive Veränderung bewirken wollen, auf einer Konferenz zusammenbringt? Aktion natürlich. Die Konferenzgäste verließen die Konferenz für ein paar Stunden, um gemeinsam vor dem brasilianischen Konsulat in Porto gegen die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes und den sogenannten „Mercosur-Deal“ zu protestieren. Während des Protests hielten einige Gäste Blätter hoch, in dem der Satz "Rette den Amazonas, stop Mercosur!" zu lessen war. Andere hielten Bilder vom Amazonas und Aussagen wie „Tierproduktion = Abholzung“ hoch.

Das Mercosur-Abkommen ist ein Handelsabkommen zwischen südamerikanischen Ländern wie Brasilien und der Europäischen Union (EU), das jedoch die brasilianische Viehzucht fördert, die für 80% der Abholzung des Amazonas verantwortlich ist. Es wird geschätzt, dass Brasilien jede Minute mindestens ein Fußballfeld mit Wäldern abholzt, während Sojaplantagen, die Tierfutter liefern, auch zur ökologischen Zerstörung beitragen.

Die nationalen Parlamente müssen das Mercosur-Abkommen ratifizieren, daher besteht noch Hoffnung, dass das Abkommen gestoppt wird. Darüber hinaus hat das Europäische Parlament auch die Befugnis, zu dem Abkommen Nein zu sagen. Aus diesem Grund führten die Mitglieder des Europäischen Parlaments, Anja Hazekamp (Niederländische Partei für die Tiere) und Francisco Guerreiro (Portugiesische PAN), den Protest in Porto an und nahmen eine Videobotschaft für die Welt auf.

„Nur reden ist nicht effektiv, wenn die EU an der gegenwärtigen katastrophalen Handels- und Agrarpolitik festhält. Wälder werden niedergebrannt und Menschen- und Tierrechte für billiges Fleisch geopfert. Wir brauchen eine Änderung von Politik und Gesetzgebung. Als verantwortungsbewusste Politiker müssen wir den Mercosur-Deal stoppen“, erklärte Hazekamp.

Der Protest endete mit der Herstellung eines Graffiti-Kunstwerks in der Stadt, das vom lokalen Künstler PANT.Artworks angeführt wurde.

„Schütze Biodiversität“ Kunstwerk.

Lesung von Marianne Thieme: Vom Ego zu Eco

Parallel zur Konferenz hielt Marianne Thieme, die Leiterin und Gründerin der Niederländischen Partei für die Tiere, einen öffentlichen Vortrag über die Bedeutung einer anderen Art von Politik und über die Reduzierung des Fleischkonsums zum Schutz von Naturschätzen wie dem Amazonas. Offensichtlich Themen, an denen die portugiesische Öffentlichkeit sehr interessiert ist, da Thiemes Vortrag völlig ausverkauft war.

Volles ausverkauftes Haus zur Lesung Marianne Thieme in Porto.

Ganz gleich, ob Waldbrände, Verlust der biologischen Vielfalt, Klimawandel oder Leiden von Tieren, laut Thieme geht es um dasselbe Problem: kurzfristiges Denken und Selbstsucht des Menschen. "Ich bin überzeugt, dass wir unseren Fokus von einer menschzentrierten Perspektive auf eine planetenzentrierte Perspektive verlagern müssen, um unsere Lebensweise zu ändern, nachhaltig zu gestalten und auf Prinzipien des Mitgefühls zu gründen", schloss Thieme.

Der Vortrag wurde von Bebiana Cunha, Stadtrat in Porto und Kandidatin für die portugiesischen Parlamentswahlen im Oktober, eingeleitet. Als Teil der portugiesischen Partei für Tierrechte PAN betonte sie die Änderungen in der Politik, die PAN zur Schaffung eines ökologischeren Systems anstrebt. PAN hat jetzt einen Sitz im portugiesischen Parlament, dürfte aber im Oktober mehr gewinnen.