Millionen von EU-Steu­er­geldern für Fleischwerbung


30 April 2024

Die Europäische Union gab im Jahr 2023 fast 75 Millionen Euro für die Werbung für tierische Erzeugnisse aus. Ganze 29 Millionen davon flossen in Esst-mehr-Fleisch Kampagnen, eine Verdoppelung gegenüber 2022! Dies berichtet die niederländische Tierrechtsorganisation Dier&Recht [1]. Es ist bizarr, dass die EU mitten in der Klimakrise die umweltverschmutzende Industrie und ihre Werbung subventioniert.

Der EU standen im vergangenen Jahr 143 Millionen Euro für die Werbung für europäische Agrarerzeugnisse zur Verfügung. Mehr als die Hälfte dieses Betrags fließt in die Werbung von tierischen Erzeugnissen. Und immer weniger Geld fließt in die Werbung von Obst und Gemüse.

Anja Hazekamp (Partei für die Tiere, Niederlande) hatte sich bereits beim ehemaligen Klimakommissar Frans Timmermans und beim Agrarkommissar Janusz Wojciechowski für die Abschaffung der EU-Subventionen für Fleischwerbung eingesetzt. Timmermans erklärte damals, dass er die Subventionen nicht abschaffen wolle. Wojciechowski äußerte zwar den Wunsch, den Übergang zu einer mehr pflanzlichen Ernährung zu fördern, doch wurden die Subventionen für Fleischwerbung noch immer nicht abgeschafft.

Sinkende Zahlen, also mehr Werbung

Auf einer Website der Europäischen Kommission sind die Werbesubventionen bis einschließlich 2022 einzusehen. Auf allen Kontinenten (außer der Antarktis) wurden mit EU-Geldern bizarre Kampagnen für umwelt- und tierfeindliche Produkte gestartet. Zuvor waren bereits mehrere Kampagnen in die Kritik geraten, wie etwa die Kampagne "Become a Beefatarian", für die die EU 3,6 Millionen Euro bereitstellte [2].

Viele der Kampagnen in Europa reagieren auf den rückläufigen Verbrauch bestimmter tierischer Produkte und wollen dem entgegenwirken. Die Europäische Union sollte diesen Rückgang eigentlich begrüßen, da tierische Lebensmittel für 84 % der Treibhausgase der EU-Lebensmittelproduktion verantwortlich sind, während sie nur 35 % der Kalorien liefern [3]. Mehrere Studien - auch im Auftrag der EU selbst - haben gezeigt, dass eine Umstellung auf mehr pflanzliche Lebensmittel dringend notwendig ist, um u. a. die globale Erwärmung zu begrenzen [4].

In ihren Anträgen spricht die Agrarlobby von ihrem angeblichen Kampf gegen "Hoaxes und Fake News". "Es gibt viele Fehlinformationen zu diesem Thema in den Medien, die die Verbraucher verwirren", berichtet der Verband der belgischen Milchwirtschaft in einem Antrag, für den er 2.349.753 Euro erhielt. Es gibt in der Tat eine Menge Fehlinformationen, die aber meistens von der Industrie selbst kommen, wie das folgende Video zeigt.

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Einige Kampagnen

Die EU gab 500.000 Euro für eine Kampagne aus, um den rückläufigen Trend beim Verzehr von Kaninchenfleisch zu stoppen. Sie gaben auch fast 10 Millionen Euro (!) aus, um den Milchkonsum bei jungen Leuten mit Kindern zu fördern. Sogar im Senegal und in der Elfenbeinküste laufen europäische Milchkampagnen, denn die dortigen Gemeinschaften seien in Bezug auf den Milchkonsum "unreif".

Pork Lovers Europe (1,4 Mio. €) will zum Beispiel Veranstaltungen mit Workshops und Spielplätzen für Kinder organisieren, zu denen auch Regierungsvertreter eingeladen werden. Die Gäste bekommen sogar Geschenke: "Schweinefleisch-Liebhaber-Masken für Kinder" und "Taschen für Hausfrauen", heißt es in der Bewerbung. Die Agro-Lobby ist völlig schamlos.

Es muss sich ändern

Die Europäische Union präsentiert sich gerne als eine Institution, die Wissenschaft und Nachhaltigkeit schätzt. So gibt es große Projekte zur Bekämpfung von Desinformation und der Green Deal wird groß aufgebauscht. Es ist ironisch, dass die EU gleichzeitig Millionen für den Erhalt und das Greenwashing der Tierindustrie ausgibt, für die jedes Jahr mindestens 8,4 Milliarden Landtiere und noch viel mehr Meerestiere getötet werden.

Die europäische Agrarpolitik scheint daher von jeglichen wissenschaftlichen Grundkenntnissen über Klima, Natur, Menschen und andere Tieren losgelöst zu sein. Und Geld ist nicht das Problem: Die europäische Agrarpolitik ist mit einem Jahresbudget von mehr als 55 Milliarden Euro der größte Ausgabenposten der EU. Davon entfallen 82 % auf die Tierproduktion [5]. Trotzdem ist die Zahl der europäischen Landwirte zwischen 2005 und 2020 um 40 Prozent zurückgegangen. Schuld daran sind nicht die Umweltgesetze, sondern die Intensivierung, der unfaire Wettbewerb und die großen Gewinnspannen der Agro-Industrie.

Es ist höchste Zeit, der europäischen Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte ein Ende zu setzen. Die Beendigung der Subventionierung von Fleischwerbung ist ein absoluter “no brainer”.

Wahlen

Zwischen dem 6. und 9. Juni finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Dies ist Eure Chance, sich für die Tiere und den Planeten einzusetzen und eine Front gegen die Agrarlobby zu bilden. Tiere können nicht wählen, aber Ihr könnt!

[1] dierenrecht.nl/news-articles/millions-euros-more-subsidy-to-meat-and-dairy-advertisements

[2] viva.org.uk/media-centre/response-european-commission-backs-become-a-beefatarian-campaign/

[3] nature.com/articles/s43016-024-00949-4.epdf

[4] eea.europa.eu/publications/transforming-europes-food-system

[5] nature.com/articles/s43016-024-00949-4.epdf