Weltlog Esther Ouwehand 25. Dezember 2018


19 Dezember 2018

Diese letzte Dezemberwoche steht für viele im Zeichen von Solidarität, etwas Gutes für andere zu tun und auf ein friedliches und glückliches neues Jahr für alle zu hoffen. Wie komisch ist es dann, dass, während ich dies schreibe, weltweit mehr als 134.000 Tiere pro Minute getötet werden und Milliarden andere in der Viehzucht leiden müssen? Diese Opfer werden auch im Dezember zu oft vergessen. Deshalb haben wir ihnen in diesem Monat besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Letzte Woche haben wir Weihnachtsbriefe an die niederländischen Abgeordneten vergeteilt. Auf der Rückseite aller Briefe wurde mittels verschiedener Fotos gezeigt, wie Tiere in unserem Land leben. Das war kein Weihnachts,- und schon gar kein schönes Bild. Unsere Absicht war, die Abgeordneten kurz vor einer Abstimmung über einige unserer Anträge mit dem Elend zu konfrontieren, das unsere Tiere jeden Tag erleiden müssen. Auf diese Weise wollten wir unsere Kollegen bitten, Mut zu zeigen und wirklich über die Verantwortung nachzudenken, die sie für das Schicksal der Tiere in unserem Land tragen, anstatt blind dem zu folgen, was der landwirtschaftliche Sprecher ihrer Partei sagt. Nach der Weihnachtspause werden wir sehen, ob unsere Kollegen den Weihnachtsgedanken von Mitgefühl und Frieden wirklich verstanden haben.

Da es für die Tiere und unseren Planeten von entscheidender Bedeutung ist, dass auch Politiker und Entscheidungsträger in anderen Ländern nachhaltige und tierfreundliche Entscheidungen treffen, haben wir diesen Monat eine Konferenz in Beirut (Libanon) und Sarajevo (Bosnien und Herzegowina) mit dem Thema „Animal Rights and eine nachhaltige Zukunft“ organisiert. In beiden Ländern wurde wieder ganz deutlich: Mitleid ist universell. Auf beiden Konferenzen trafen Dutzende von fantastischen Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, um zusammen Workshops zu besuchen und Wissen auszutauschen. Alles mit dem Ziel, unsere Erde lebenswert zu erhalten und Tiere besser zu schützen.

In Beirut kam sogar der hauptverantwortliche Tierschutzbeauftragte des libanesischen Landwirtschaftsministeriums vorbei. Der Libanon ist nicht gerade für das Wohlergehen der Tiere bekannt, aber er erhielt eine wichtige Botschaft von Joseph Poore, einem der Redner und Forscher der Universität Oxford: „Selbst die klimafreundlichsten Fleischvarianten produzieren immer noch mehr Treibhausgase als pflanzliche Proteinquellen wie etwa Bohnen und Nüsse. Die Umstellung auf pflanzliche Ernährung ist der stärkste Weg, um zur Lösung von Problemen, wie dem Klimawandel und dem Verlust der Biodiversität beizutragen. So können wir zum Beispiel gigantische Mengen Wasser sparen, die Umweltverschmutzung reduzieren und Abholzung verhindern. Darüber hinaus reduzieren wir die landwirtschaftliche Fläche, die für unsere Lebensmittel benötigt wird, um 75 Prozent.“

Poore präsentierte die Ergebnisse seiner jüngsten, bahnbrechenden Forschungsergebnisse über die Auswirkungen dessen, was wir auf unserem Planeten essen. Die Forschung zeigt: Jeder von uns kann einen großen positiven Unterschied machen, wenn er sich pflanzlich ernährt. Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse von Poore veröffentlichte die BBC einen Online-Rechner, mit dem jeder die Auswirkungen seiner Lebensmittel auf die Wohnumgebung berechnen kann. Sehr praktisch während Ihres (Weihnachts-) Abendessens!

Konferenzgäste aus 13 verschiedenen Ländern in Beirut, gemeinsam für einen besseren Tier- und Planetenschutz.

In Sarajevo hatten wir, in Zusammenarbeit mit der lokalen Tierschutzorganisation „EVA“ eine inspirierende Konferenz. Einer der Redner war Luka Oman, Gründer der größten Tierschutzorganisation in Kroatien und in der Region (Animal Friends Croatia), ein überzeugter Veganer und Berater im Bereich Tierschutz für den kroatischen Landwirtschaftsminister. Was für eine inspirierende Geschichte hat der Mann! Als Teenager beschloss er, keine Tiere mehr zu essen. Zu dieser Zeit gab es weder Google noch Internet und die Ärzte sagten ihm, dass er maximal zwei Wochen ohne Fleisch überleben würde. Luka glaubte den Ärzten, entschied sich aber trotzdem für das Mitgefühl. „Lieber das Richtige tun und sterben, anstatt den Rest meines Lebens all das Leid, dass Tieren durch mich angetan wird, auf meinem Gewissen zu haben.” Vor einigen Jahren beschloss Luka die erste Tierschutzorganisation in Kroatien zu gründen. Er war ganz alleine und seine Umgebung lachte ihn aus. Inzwischen leitet er die stärkste Tierschutzorganisation der Region und sorgt er als Berater des Ministers dafür, dass Tiere und Naturschützer politisch angehört werden. Einen solchen Berater braucht unsere Landwirtschaftsministerin auch!

Konferenzgäste in Sarajevo.

Unsere Parlamentsabgeordnete Christine Teunissen hielt auch den ersten Vortrag über Tierrechte in Sarajevo. Im historischen Rathaus der bosnischen Hauptstadt, direkt neben der Kammer des Bürgermeisters. Ihr Aufruf, sich für unseren Planeten und ihre Bewohner zusammenzuschließen, wurde mit großer Begeisterung aufgenommen. Alle Gäste konnten köstliche Gemüsesnacks vom bosnischen Caterer „Biona“ genießen, der ausschließlich mit Gemüse-, Bio- und möglichst vielen regionalen Produkten arbeitet. Wie cool, solche positiven Initiativen überall zu sehen!

Kein Film konfrontiert uns so sehr mit dem, was wir den Tieren antun, als der Dokumentarfilm Dominion. Deshalb wollten wir diesen Dokumentarfilm im Dezember möglichst vielen Menschen zeigen. Bei meinem Besuch in New York habe ich den Film in der Nähe des Hauptquartiers der Vereinten Nationen gezeigt. Diesen Monat haben wir den Film auch in Beirut und Sarajevo mit überwältigtem Erfolg aufgeführt: Beide Kinos waren voll. In Beirut war das Interesse so groß, dass wir schnell eine zweite Vorführung planen mussten, um allen die Möglichkeit zu geben, den Film zu sehen. Der Film brachte viele Emotionen an die Oberfläche, aber in beiden Städten war das Fazit der Öffentlichkeit: Wir müssen unser landwirtschaftliches System drastisch ändern und Dominion muss überall, auch in Schulen, gezeigt werden. Ermutigend zu sehen, dass jeder – unabhängig von Nationalität, religiösen Überzeugungen und Hintergrund – gewillt war, sich anders zu ernähren, nachdem er Dominion gesehen hatte.

Aufführung von Dominion in Beirut.

Während die Aufführung des Dokumentarfilms im Libanon und Bosnien und Herzegowina reibungslos verlief und sogar von der Öffentlichkeit verbreitet wurde, wurde die Vorführung in unserem eigenen Land vereitelt. Hier wollten wir den Film auf einer großen Leinwand in Den Haag, im Zentrum der politischen Macht in der Nähe des Bundestagsgebäudes zeigen. Zu unserer grossen Überraschung beschloss die Bürgermeisterin von Den Haag, diese Freiluftvorstellung zu verbieten. Nach Ansicht der Bürgermeisterin ist die alltägliche Realität der Viehhaltung, die im Film gezeigt wird, „für die Einkäufer in der Nachbarschaft zu schockierend“. Völlig absurd. Wenn die Wirklichkeit zu schockierend ist, um sie zu zeigen, müssen diese Praktiken verboten werden und nicht das veröffentlichen derselben. Wir haben den Film trotzdem gezeigt, aber dann in einem Universitätsgebäude in der Nähe des Regierungsgebäudes. Die Bürgermeisterin kam zu Beginn des Films eben vorbei, aber wir hoffen, dass sie den Film bald vollständig ansehen wird und zukünftig ihre Position dafür einsetzen wird, um Tiere zu schützen und nicht die Viehhaltung.

Greta Thunberg.

Alles in allem ein hoffnungsvolles Ende 2018. Wir fühlen uns durch all die wunderbaren Menschen gestärkt, die auf der ganzen Welt für eine bessere Zukunft für alle kämpfen: sowohl Menschen als auch Tiere. Wir freuen uns, dass sich immer mehr junge Menschen der gegenwärtigen destruktiven Politik unserer Regierungen widersetzen. Wir haben die 15-jährige Greta Thunberg im Bundestag empfangen, weil wir der Meinung sind, dass sie etwas sehr Wichtiges zu sagen hat. Sie hielt dann ihre, unter die Haut gehende Rede auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen in Katowice, Polen. Eine Rede, die von allen Politikern, die für den Zustand unserer Erde verantwortlich sind, gehört werden sollte. Deshalb hat der Plenum der Partei für die Tiere diese Rede in 16 (!) parlamentarischen Fragen der niederländischen Regierung präsentiert. Alle Minister müssen ihrer Rede zuhören und offiziell darauf eingehen. Wir hoffen, dass andere Parlamente unserem Beispiel folgen werden, so dass alle Regierungen der Welt gezwungen sind, diesem wunderbaren 15-jährigen Klimaaktivisten zuzuhören. Kümmern wir uns gemeinsam darum!

Im Namen unseres Partei für die Tiere-Teams wünsche ich Ihnen allen einen liebevollen, friedlichen und tierfreundlichen Jahreswechsel.

Esther Ouwehand
Bundestagsvorsitzende der Partei für die Tiere