Weltlog Woche 44 – 2009


30 Oktober 2009

Diese Woche habe ich im Finanziellen Dagblad von Niederland dazu aufgefordert, die Ponzipolitik zu beendigen. Das hat so viele Reaktionen hervorgerufen, dass ich Sie gerne daran teilnehmen lassen möchte.

(Übersetzung der Tekste von Kartoonist Hein de Kort: Alte Indianer sagen zu ihren Kindern: “pass mal gut auf” ‘ er, welcher die Zukunft hat’ und ‘sie, die die Welt soll erben’, eines Tages wird das alles euch gehören”. Kind: “Wirklich wahr, großes Oberhaupt der Ponzi’s ‘ er, der schwätzt mit gespaltener Zunge?)

Die Ähnlichkeiten zwischen der Krise in der sozialen Sicherheit, der Niedergang der Banken und das Abholzen des Regenwaldes: Ponzipolitik. Leben auf Kosten von zukünftigen Generationen. Wir können nicht darauf warten, dass die Politik eingreift, wir müssen in die Politik eingreifen.

Das ‘Ponzischema’ wird in der Novelle Little Dorrit (1855) von Dickens beschrieben, in welcher Merdle’s Bank tausende von Menschen in den Ruin treibt bei einem betrügerischen Konkurs.

Einfach und bösartig:Kunden dürfen Geld gegen sehr hohe Gewinnausschüttung anlegen. Das Geld wird nicht in gewinnbringende Reproduktion investiert, sondern in die Auszahlung von Scheingewinnen, welche neue Kunden anlockt. Wir kennen das Prinzip von den Pyramidespielen. Das Traum vom schnellen Reichtum wird auf der Anwerbung von neuen Gläubigern aufgebaut.

Im Luftschlossmarketing von bankrotten Banken boten Bankiers viel höhere Spar- und niedrige Hypothekzinsen an, als markttechnisch verantwortlich gewesen wäre. Und kompensierten ihre Verluste durch Kunden (die oftmals aufgrund ihrer schwachen, finanziellen Position nirgendwo anders mehr hinkonnten), denen sie Versicherungsprodukte unter Wucherbedingungen in Form von Kaufpreispolicen anboten. Wobei sie sich noch einen Vorschuss auszahlen ließen, wegen der steigenden Immobilienpreise und Löhne. Mit Provisionen in Höhe von 80% des Einzahlungsbetrags, und das direkt in die Tasche des Bankiers. Der niederländischen Premierminister Balkenende nannte vor kurzem eine der Banken, welche bankrott gingen, kurz vor dem Niedergang der Bank „ein Vorbild für uns alle“. 'Sie nehmen eine großartige Position im finanziellen Sektor ein, setzen sich ein für Sport und Kultur. Ich finde das wirklich fantastisch. Wir sind sehr stolz auf Sie!'. Der niederländische Ministerpräsident hat damit seinen naiven Glauben in das sich selbst-reproduzierende Geld deutlich gezeigt. Er kann damit durchaus Premier bleiben oder auch erster Präsident von Europa, wie augenblicklich überall geflüstert wird. Weil so gut wie alle Politiker an Bäume, die in den Himmel wachsen glauben, auch wenn diese in rasendem Tempo gefällt werden.
Die exhibitionistische Selbstbereicherung der Bankiers wird durch öffentliche Mittel kompensiert, damit wird der Bürger ständig das Schlachtopfer der kollektiv gescheiterten Politik.

Nehmen wir das Prämiensystem der Altersvorsorge. Damit wurde in den Niederlanden (und vielen anderen Ländern) festgelegt, dass Sozialleistungen von laufenden Prämieneinkommen bestritten werden sollen. Ponzibetrug wird als Solidarität verkauft. Wären von Anfang an ausreichende Reserven angelegt worden, wäre nichts passiert. In den Niederlanden wurde 1990 durch die Politik ein Rentenfonds angelegt, der 2020 ausgezahlt werden sollte, um die Folgen der Vergreisung aufzufangen. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen virtuellen Fonds handelte, in dem Milliarden auf Papier gespart worden sind, aber nichts eingezahlt. Deshalb sollen die Niederländer nun – so hat die Regierung vor kurzem vorgeschlagen – bis zum 67sten Lebensjahr arbeiten, anstatt wie vorgesehen, bis zum 65sten Lebensjahr.

Das ist allerdings noch gar nichts im Vergleich zum irreparablen, verwüstenden Einfluss der Ponzipolitik auf die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Im letzten Worldlog habe ich hiervon einige Beispiele aufgezeigt.
Diese Woche erhielt ich per Mail einige Fotos von meinem Besuch in Surinam. Es war ein besonderes Erlebnis für mich, zusammen mit der Tier- und Umweltschützerin Monique Pool vom Green Heritage Fund Surinam unterwegs gewesen zu sein. Sie versorgt Faultiere und Ameisenbären, die das Opfer von dummen Menschen geworden sind, die sie als Haustiere halten oder misshandeln. Es ist unglaublich, solche Tiere festzuhalten und zu versorgen. Vor allem beim Faultier überkommt mich das Gefühl, dass ich vor einem Urtier stehe.

Es gibt Pläne, ein professionelles Asyl zu errichten, denn augenblicklich beherbergt Monique sie im Garten ihres Hauses. Monique setzt sich außerdem für den außergewöhnlichen Ästuarium des Surinamflusses/Ozean ein. Dort gibt es Delphine. Ich hatte das Glück und habe ungefähr 15 Stück gesehen. Für mehr Informationen und Spenden, klicken Sie bitte hier.

Bis nächste Woche!

Marianne Thieme

This week I made an appeal in the Netherlands’ main financial daily newspaper “Het Financieele Dagblad” to put an end to Ponzi Politics. The response was so overwhelming that I would like to share it with you here.

(Translation of Hein de Kort’s cartoon: Old Indian says to his children: “consider this carefully ‘he who has the future’ and ‘she who will inherit the earth’, one day all of this will be yours”. Child: “Is that really so, chief of the Ponzis, ‘he who talks a lot of hot air with a forked tongue?)

What links the crisis in social security, the collapse of banks and the felling of the rainforests? Ponzi politics, or living out of the pockets of future generations. We cannot wait for politics to intervene; we must intervene in politics.
The ‘Ponzi scam’ is described in Dicken’s novel Little Dorrit (1855) in which Merdle’s Bank ruins thousands of people in a fraudulent bankruptcy.

Simple and malicious: investors are promised extremely high returns. The money is not invested in any kind of profit-making production but is paid back out as “returns” to investors, which in turn attracts new investors. We know this trick from pyramid schemes. The get-rich-quick fantasy is built on attracting new believers.

In the pie-in-the-sky marketing practiced by failed banks, bankers offered high interest on savings and low mortgage rates that were out of line with the market. The loses were made up for by saddling customers (who were often unable to shop around because of their relatively weak financial status) with insurance products with usurious conditions in the form of single premium policies against a backdrop of rising house prices and salaries and with commissions equalling 80% of the deposit that found their way straight into the pockets of the bankers. The Dutch Prime Minister Balkenende recently referred to one of the failed banks just before it collapsed as “an example to us all”. He continued: “You play a major role in the financial sector, you support sport and culture. I think it’s fantastic. We are proud of you!”. With these words, the Dutch prime minister demonstrated his naive belief in the concept of self-reproducing money. And a man who holds this belief may remain prime minister of the Netherlands or even become Europe’s first president, as is currently widely suggested, because virtually all politicians believe in trees that grow up to heaven, the same trees that are being felled at an alarming rate.
The extravagant bankers so devoted to self-enrichment are now being compensated from public funds, making the citizenry the eternal victims of a failed political system.

Take, for example, the cost allocation system used for pension provision in this country. Under this system in the Netherlands (and in many other countries), payments are made from current premium revenues. Ponzi fraud dressed up as solidarity. If there had been sufficient reserves in the first place, there would be no problem. The Dutch government established a pension trust fund in 1990 that matures in 2020 as way a countering the effects of an ageing population. It turned out to be a virtual fund in which billions were being saved on paper while nothing was actually being deposited. This is the reason why Dutch residents – as was recently proposed by the government – will have to work until they are 67 as opposed to 65.

But this is child’s play compared to the Ponzi politics that threatens to wreak irreparable havoc to the future of our children and grandchildren, of which I gave a few examples in last week’s Worldlog.

This week I received a number of photos of my visit to Surinam. I particularly appreciated meeting animal rights activist and environmental campaigner Monique Pool of Green Heritage Fund Suriname. She looks after sloths and anteaters that are the victims of human ignorance when people try to keep them as pets or simply mistreat them. Being able to hold and care for animals like these is very special indeed. The sloth especially seemed to me to be a very primeval creature.

There are plans to set up a professional asylum as Monique currently looks after the animals in her backyard. In addition, Monique protects the special estuary of the Surinam River that is the home to dolphins. I had the luck to see 15 of them!! For more information and to donate, click here.

Until next week!

Marianne Thieme