Esther's Blog: Wenn die Regierung versagt, ist fried­licher ziviler Unge­horsam essen­tiell für eine gesunde Demo­kratie


5 Juli 2023

Letzte Woche, am 1. Juli, haben wir hier in den Niederlanden Keti Koti, die Abschaffung der Sklaverei, gedacht und gefeiert. Jahrzehntelang machten sich die Niederlande der Sklaverei und damit eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit schuldig. Am 1. Juli 1863 schafften die Niederlande die Sklaverei in Surinam und im karibischen Teil des Königreichs der Niederlande formell ab, doch in der Praxis mussten die zu Sklaven gemachten Menschen noch zehn Jahre lang weiterarbeiten. Für viele Menschen ist daher der 1. Juli 1873 der Tag, an dem die Sklaverei tatsächlich abgeschafft wurde. Bis heute wirkt dieses Verbrechen in unserer Gesellschaft nach. In Form von institutionellem Rassismus seitens der Regierung, aber auch in allen Arten von Alltagsrassismus, der vielerorts in der niederländischen Gesellschaft noch immer schmerzliche Realität ist.

Daher ist es auch ein grundlegender und notwendiger Schritt, dass sich der niederländische König während der Gedenkveranstaltung in der vergangenen Woche nicht nur entschuldigte, sondern auch um Vergebung für die Rolle seiner Vorfahren bat. Er sagte: „Das System der Sklaverei hat uns die Ungerechtigkeit der damaligen Gesetze vor Augen geführt. Der Zweite Weltkrieg hat uns gelehrt, dass man sich nicht bis zum Äußersten hinter Gesetzen verstecken kann. Irgendwann wächst die moralische Pflicht aufzustehen.”

Und das ist eine Lektion, die wir niemals vergessen dürfen. Es bleibt wichtig, sich gegen Ungerechtigkeit zu wehren, auch wenn es nicht leicht ist. Nur so können wir unsere Vergangenheit aufarbeiten und gemeinsam eine gesunde Zukunft aufbauen.

Esther Ouwehand mit ihrer Kollegin Sylvana Simons in dem Moment, in dem sich der König für die Vergangenheit der Sklaverei entschuldigt.

Stoppt Investitionen in Unrecht

Im vergangenen Monat hat unser Team der Partei für die Tiere auf verschiedene Weise dazu aufgerufen, nicht mehr in die Zerstörung des Planeten, in Tierleid und Menschenrechtsverletzungen zu investieren. So haben wir beispielsweise ein Paket von Vorschlägen zur Abschaffung der Subventionen für fossile Brennstoffe vorgelegt. Derzeit erhalten große Umweltverschmutzer wie Shell finanzielle Unterstützung und Vergünstigungen. Dutzende Milliarden an staatlichen Beihilfen fließen so in die umweltschädliche Luftfahrt, Schifffahrt und Industrie. Dutzende Milliarden an Sozialgeldern fließen in die Zerstörung unserer Zukunft. Jetzt ist es an der Zeit, das zu ändern. Die Verursacher sollten nicht bezahlt werden, sie sollten anfangen, selbst zu zahlen. Wenn die Regierung unsere Vorschläge annimmt, kommen wir dem Erreichen der Klimaziele näher und es werden Milliarden dafür frei, in eine gesunde Zukunft zu investieren, anstatt in Verschmutzer.

Darüber hinaus wurden auf europäischer Ebene in sieben Jahren 400 Milliarden Euro für Agrarsubventionen ausgegeben. In der Praxis bedeutete dies vor allem direkte Investitionen in Tierleid, ungesunde Lebensräume und Naturzerstörung. Auch hier sagt die Partei für die Tiere: Streichen Sie diese Subventionen und verwenden Sie sie für eine gesunde Landwirtschaft, ohne Tiere auszubeuten. Die Subventionen füttern heute vor allem den Geldbeutel der Agrarindustrie, während die Landwirte selbst nicht davon profitieren. Eine gesunde Zukunft für die Landwirte liegt nur in einer grünen Landwirtschaft, ohne Ausbeutung von Natur, Boden, Wasser und Tieren.

Letzten Monat gab es auch einen Durchbruch im Europäischen Parlament. Auf Initiative der Partei für die Tiere stimmte das Parlament für Maßnahmen gegen Tierleid in der Bekleidungsindustrie. Die Europäische Kommission muss nun damit beginnen, tierschutzwidrige Praktiken zu verbieten. Dabei geht es zum Beispiel um Pelze, Daunen von lebend gerupften Vögeln, Känguruleder, Angorawolle und Wolle von misshandelten Merinoschafen. Das Europäische Parlament möchte auch die Bekleidungsindustrie umweltfreundlicher und zirkulärer machen. Die Bekleidungsindustrie ist heute eine riesige Quelle von Abfällen und ernsthafter Umweltverschmutzung. Schließlich hat das Parlament dazu aufgerufen, die schlechten Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie zu bekämpfen. An zu vielen Orten werden die Menschenrechte verletzt und die Menschen müssen unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Es ist unsere moralische Pflicht, das zu ändern.

Positive Veränderungen sind im Kommen

Immer mehr Menschen erkennen, dass die derzeitige Situation unhaltbar ist. Dass Wandel notwendig ist, um unsere Erde für Menschen und Tiere lebenswert zu halten. Und dieser Wandel steht unmittelbar bevor. Aber wie bei allen wichtigen Umwälzungen in der Geschichte sehen wir, dass Veränderungen immer von Turbulenzen begleitet werden. In dem Moment, in dem sich ein Wandel anbahnt, tun gefestigte Interessengruppen alles, um ihre finanziellen Interessen zu verteidigen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns weiterhin für eine gesunde und gerechte Zukunft einsetzen und darauf hinarbeiten. Dass wir weiterhin von unseren Regierungen verlangen, dass sie das öffentliche Interesse und nicht die Interessen großer Privatunternehmen vertreten.

Deshalb gehen Menschen auf der ganzen Welt auf die Straße und führen Aktionen gegen die Zerstörung unseres Planeten durch. Zu diesem Zweck engagieren sich Bewegungen wie Extinction Rebellion manchmal in friedlichem zivilen Ungehorsam. Die Geschichte hat gezeigt, dass friedlicher ziviler Ungehorsam ein wesentlicher Bestandteil einer gesunden Demokratie ist, sobald sich die sitzende Macht weigert, die fundamentalen Rechte zu schützen. Und genau das ist jetzt der Fall. Also an alle, die gegen die Klimakrise, die Naturzerstörung und die Verletzung der Menschen- und Tierrechte kämpfen: Euer Kampf ist unser Kampf.

Bis zum nächsten Mal!

Esther Ouwehand
Parteivorsitzende der niederländischen Partei für die Tiere